Teilprojekt Islamische Studien (1.2): „Mit anderen Wahrheiten leben: Islamische Wege im Umgang mit interreligiöser und innerislamischer Differenz“ (Prof. Dr. Bekim Agai, Prof. Dr. Ömer Özsoy, Prof. Dr. Armina Omerika, Mitarbeiter Adem Hasanović)

Projektposter

Unterprojekt 1 (Dr. Abdulrahman Helli)

„Islamische Positionierung gegenüber religiös Anderen: Eine kritische Quellenanalyse frühislamischer exegetischer Literatur“

Der Islam entstand und entwickelte sich in einem religiös und kulturell pluralen Umfeld. In der Tat ist das Selbstbild des Islams teilweise das Ergebnis von Positionierungen gegenüber Christentum, Judentum und deren respektiven Gemeinden. Der Islam wurde geformt durch die Übernahme mancher bereits existierender religiöser und ethischer Positionen, während andere Positionen wiederum kritisiert wurden. Religiöse Quellen des Islams wie der Qur’ān und der Ḥadīṯ reflektieren stark die frühen Diskussionen über Glaubensfragen, die Muslime mi Anhängern anderer Religionen geführt haben. Diesen Quellen lässt sich aber auch entnehmen, wie sich der Islam in eine Opposition zu anderen Religionen begab; manche theologische Lektüren stehen darüber hinaus klar im Wege einer interreligiösen Kommunikation. Die islamischen Positionierungen gegenüber anderen Religionen scheinen sich somit an der Schnittstelle zwischen den vielfältigen Interpretationen der Texte und der historischen Praxis zu befinden.  

Das Forschungsprojekt beschäftigt sich mit frühen exegetischen Deutungen von denjenigen koranischen Versen, die eine unmittelbare Relevanz für die Positionierung gegenüber anderen Religionen haben. Die Texte werden dabei sowohl intertextuell in ihren Bezügen zu anderen Texten als auch in Hinblick auf die Verortung in ihrem jeweiligen soziohistorischen Kontext untersucht. Besondere Beachtung finden die benachbarten religiösen Traditionen der jeweiligen Zeit, die in der muslimischen Exegese ihren Niederschlag gefunden haben, so zum Beispiel das Korpus der Isrāʾīliyāt. Ein anderer Fokus liegt auf den Strategien, die von den Exegeten eingesetzt wurden, um den jeweiligen multi-religiösen kulturellen Kontext mit den Bedeutungen des koranischen Textes wie auch mit seinem allgemeinen linguistischen und kulturellen Kontext zu versöhnen.

Den Startpunkt bilden die exegetischen Werke von Muqātil Ibn Sulaimān (st. 767), aš-Šāfiʿī (st. 820), und aṭ-Ṭabarī (st. 923). Diese frühe Interpreten des Qur’āns haben die hermeneutischen Regel seiner Interpretation nachhaltig geprägt, teilweise bis in die heutige Zeit hinein.

Unterprojekt 2 (Bacem Dziri)

Positionierungen zum Konflikt der Erstgemeinde in der muslimischen Historiographie“

Mit dem Ableben des Propheten Muhammad entfiel das Medium der kommunikativen Offenbarung und damit die als göttlich erachtete Führung der Gemeinde. Auf die Frage, ob und ggf. wie dieser Verlust zu kompensieren sei, kam es sehr früh zu unterschiedlichen und dann auch widerstreitenden Antworten. Diese Spannungen mündeten alsbald in einem offenen Konflikt und dem ersten Schisma (arab. al-fitna al-kubrā), einer traumatischen Erfahrung für die damals noch junge Gemeinde. Fortan hatten alle nachfolgenden politischen, rechtlichen und theologischen Strömungen und Gruppierungen nicht nur das weiterhin virulente Problem der Autorität zu beantworten, sondern auch die erfolgte schismatische Auseinandersetzung der Ur-Gemeinde selbst zu erklären. In diesem Projekt geht es um die Aufarbeitung einiger ausgewählter historiographischer Darstellungen dieses Konflikts, aus denen sich Rückschlüsse über die innerislamischen Positionierungen (arab. mawāqif) zu den Konfliktparteien ableiten lassen.

Unterprojekt 3 (Adem Hasanović)

Islamischer Umgang mit Differenz im Kontext moderner pluralistischer Gesellschaften“

In den pluralen Kontexten der Gegenwart, in denen kommunikative Prozesse sowohl diskursiver als auch struktureller Art immer stärker verdichtet werden – so etwa im Rahmen von Transnationalisierung und Globalisierung –  entfalten sich islamische Positionierungen im Kontext einer Vielzahl von Geltungsansprüchen, wie beispielsweise Staatsbürgerlichkeitskonzepten oder dem internationalen Völkerrecht.  Die gesellschaftliche Heterogenität konstituiert außerdem neue Formen von Differenz wie auch neue Formen des islamischen Umgangs damit. Dieses Projekt untersucht anhand einer Analyse aktueller islamischer Diskurse die Veränderungen in den Begründungsmodalitäten des eigenen Wahrheitsanspruchs unter diesen neuen Bedingungen. Die Auslotung von möglichen Formen von Positionierung in der Gegenwart anhand aktueller Debatten soll zu einer islamisch-theologischen Systematisierung der Begründungsmodalitäten des Umgangs mit Differenz führen.

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